Sonntag, 2. Oktober 2011

Fernsehauftritt bei „Sonja“

Fernsehauftritt bei „Sonja“ Dieser Punkt betrifft Kanwulfs sagenumwobene Darbietung in der Sat-1-Nachmittags-Krawall-Talkshow „Sonja“ im Dezember 1999. Gehüllt in einen Lackrock und eine Bluse mit Spinnennetzmuster gastiert Kanwulf hier unter dem die Weltöffentlichkeit in höchstem Maße berührenden Thema: „Bei deinem Anblick wird mir schlecht“. Kanwulf wird hier von einem Kommilitonen und WG-Mitbewohner, André namentlich, dafür getadelt, seinen Black Metal – der sehr zur hysterischen Belustigung des Publikums beitragenden Definition durch besagten André zufolge übrigens ein bißchen Gitarrengedresche, und einer schreit irgendwas dazu – in allzu ausschweifender Lautstärke höre und so seines Mitbewohners Geschmack und Gehör in nicht länger hinzunehmendem Maße malträtiere. Zudem bemängelt jener André Kanwulfs äußeres Erscheinungsbild – Kajal, Lackrock und Damenbluse scheinen diesen Schilderungen zufolge fester Bestandteil der Kanwulfschen Garderobe zu sein, nicht etwa ein einmaliger Ausrutscher – und merkt an, er empfände es zuweilen als blamabel, mit Kanwulf in der Öffentlichkeit gesehen zu werden. Und, ja, gelegentlich werde ihm bei dessen Anblick auch schlecht.



Link zum Video:
http://www.youtube.com/watch?v=0U2oSExs4wc


Wir als Zuschauer konnten zu diesem Zeitpunkt bereits einen flüchtigen Blick auf Kanwulf erhaschen und sehen uns in der Lage, dies nachzuempfinden. Die Moderatorin richtet ob dieser Enthüllungen also ein paar mißbilligende Worte an Kanwulf; dessen Mitbewohner verfällt derweil in eine stumpfsinnige Starre und erweist dem Publikum die Gnade, für den Rest der Sendung seines Sprechvermögens verlustig zu gehen. Das Publikum wiederum verlacht Kanwulf – obschon verhalten, man ist schließlich einiges gewöhnt – wegen seines tuntigen Äußeren, während dieser selbst in jeder erdenklichen Disziplin nach Kräften bemüht ist, sich zum Gespött zu machen.

Diese ganze wunderliche Farce, die uns etwa sechs Minuten lang mit der morbiden Faszination eines Verkehrsunfalls an sich zu binden weiß, endet letztlich dergestalt, daß Kanwulf seinem Mitbewohner zusichert, sich zum Black-Metal-Hören künftig häufiger in sein Auto zurückzuziehen. Kanwulf bei „Sonja“ Und wenngleich dies alles zunächst durchaus unglaublich klingen mag, so bleibt es gleichwohl die Wahrheit; für die nicht totzukriegende Schar jener vor allem in Webforen beheimateter Kindsköpfe an Kanwulfs Rockschößen, die nicht nur dort sporadisch die haarsträubende Überzeugung hinaustrompeten, besagter Fernsehauftritt habe niemals stattgefunden, sondern sei infames Hirngespinst einer Handvoll einander verschworener, Kanwulf übelgesonnener Neider, habe ich einen Videomitschnitt von Kanwulfs Auftritt bei „Sonja“ auf diesen Seiten hinterlegt.

Vermittels eines Eintrags im damals noch weitaus stärker frequentierten Diskussionsforum des Eternity-Magazins (von welchem später übrigens noch in aller Muße und Ausführlichkeit die Rede sein soll) versuchte Kanwulf, sich folgendermaßen herauszulügen (weshalb Kanwulf von sich in der Dritten Person spricht, soll gleichermaßen etwas weiter unten beantwortet werden): Also, das mit der Talkshow. Das war alles getürkt […]. Er hatte vor knapp ’nem Jahr ’ne Wette verloren, und als Einsatz, im Falle des Verlierens, sollte er etwas geben, das er nie tun würde! Er entschied sich für Haareabschneiden oder eben dem oben Angesprochenen. Nun, er verlor die Wette. Er weigerte sich nun, seine Haare abzuschneiden, da er immer meint, es wäre eine Art Stolz, sie zu tragen … Er weigerte sich aber noch mehr, das andere zu tun. Daraufhin geriet er in große Mißgunst bei seinen Leuten, da er immer die Meinung vertritt, daß das Wort eines Mannes Gewicht haben müsse und seiner Ehre genügen solle. Und genau das tat er ja nun nicht. Aber irgendwie hat er sich dann doch durchgerungen, da sein Wort nicht leeres Wort sein sollte.

So ging er mit ’ner falschen Story und einem wenig Bekannten hin. Er hatte vor, mit freiem Oberkörper aufzutauchen, wo er ‚Ich hasse euch‘ oder so was draufschreiben wollte. Die ließen das aber nicht zu (von der Show die) und drohten ihm mit rechtlichen Schritten, da man dort einen Vertrag unterzeichnen muß. Da hatte er dann das Oberteil seiner Frau angezogen, da er nicht mit ’nem Metal-Shirt ins TV gehen will. Er meint, dort hätte so etwas nichts verloren. Und recht hat er. Er hat sich auch nicht an die ihm vorgegebenen Antworten gehalten, und das Gespräch wurde von der Moderatorin auch abgebrochen. Er hatte sich dann noch mit einigen Technikern angelegt, weil er nicht während der Show abhauen durfte. Die haben sogar Security geholt, damit er nicht verschwindet … Ich denke, er verachtet sich selbst dafür. Aber er hat sein Wort nicht gebrochen! Die Kohle, die er da bekommen hat, hat er ’nem Penner auf der Straße gegeben. Kanwulf (ausgegeben als Charoon) im Eternity-Forum, 5. April 2001 Kanwulf scheint allen Ernstes bemüht, jene totale Preisgabe seiner selbst an die Lächerlichkeit sowie das öffentliche Verunglimpfen des Black Metal noch als „ehrbaren“ Akt darzustellen. Ein jeder, allerdings, der die Sendung selbst in Augenschein nimmt, wird wenigstens folgendes feststellen: Die Kleidung Kanwulfs – präziser: seine Bluse mit Spinnennetzmuster (es kann gar nicht oft genug betont werden) – ist mitnichten die seiner damaligen Frau.

Dieselbe sitzt während der gesamten Sendung im Publikum und wird mehrfach vom Auge der Kamera eingefangen (Bildschirmphoto), so daß ein jeder Betrachter sich selbst davon überzeugen kann, daß das Oberteil, wäre es das Ihrige gewesen, selbst durch die knabenhafte Statur eines Kanwulf zweifelsohne gesprengt worden wäre wie – der Kalauer drängt sich förmlich auf – Spinnweben. Ein weiterer Punkt, der sicherlich niemandem entgehen wird, der einen Blick auf Kanwulf damalige Frau wirft, ist der, daß dieselbe vollständig bekleidet ist – aus welchem Grund sollte sie mithin jene Bluse mit Spinnennetzmuster bei sich getragen haben, von welcher Kanwulf behauptete, er habe sie sich von ihr geliehen, nachdem es ihm verwehrt worden sei, mit nacktem Oberkörper aufzutreten? Und überhaupt, warum sollten wir auch nur eine Sekunde lang annehmen, daß Kanwulfs vorgebliche Überzeugung, Metal-Shirts hätten im Fernsehen nichts verloren, mehr als die übliche heiße Luft sei – zumal kurz nachdem wir ihn hinter der Bühne dümmlich über seines Mitbewohners spöttische Black-Metal-Definition haben lachen sehen? Metal-Shirts haben im Fernsehen nichts verloren, klar ausformulierter verbaler Spott hingegen ist vollkommen in Ordnung?

Kanwulf und jener leidgeprüfte André erwecken beim aufmerksamen Betrachter keineswegs den Eindruck, als seien sie einander nur, wie Kanwulf später vorgab, flüchtig bekannt. Grundsätzlich wirkt auch ihre Geschichte nicht frei erfunden, sondern so authentisch, wie in Sendungen dieser Art vorgebrachte Geschichten nur wirken können. Weder das Gebaren Kanwulfs noch die Interaktion zwischen den Beteiligten insgesamt – die Moderatorin ausdrücklich inbegriffen – weisen im geringsten darauf hin, daß Kanwulf in irgendeiner Weise revoltiert hätte.

Tatsächlich erweckt Kanwulf nicht den Eindruck, als sei er zu solcherlei ungehörigem Verhalten überhaupt befähigt. Im Gegenteil wirkt Kanwulf überaus besonnen und freundlich, albert mit jenem André herum, scherzt mit der Moderatorin und führt sich im allgemeinen auf wie all die anderen traurigen Gestalten, die sich in Sendungen dieser Art alltäglich zum Narren machen. Mithin wurde auch das Gespräch, entgegen Kanwulfs Behauptung, nicht abgebrochen, und die Szene, die sich laut Kanwulf hinter der Bühne zugetragen haben soll, ist gleichermaßen offenkundig frei erfunden.