Sonntag, 2. Oktober 2011

„Ehrung“ von „Kult“-Formationen

Auf Nargaroths 2001 erschienenem Album „Black Metal ist Krieg“ befanden sich unter anderem Cover-Versionen der Bands Moonblood, Root, Lord Foul und Azhubham Haani, und bedingt durch den damals im Zenit befindlichen Aufruhr um Nargaroth sahen sich diese durch jene Kanwulfsche „Ehrung“ einer am Black Metal einzig als kulturelles „Extrem“ und somit probates Mittel zur Selbstinszenierung interessierten Schar bloßer Konsumenten zum Fraße vorgeworfen.

Die Folge war, daß praktisch eine ganze Generation orientierungsloser Kinder bar jedes wie auch immer gearteten „seelischen“ oder „ideellen“ Bezugs zu den ureigenen Prinzipien des Black Metal, die sonst vermutlich niemals in Kontakt mit dem Schaffen genannter Künstler geraten wären, diese zu „Kult“ erklärte und jede noch so unbedeutende Proberaumaufnahme als Anbetungs- und Profilierungsgegenstand zu schlicht burlesken Preisen über den – vornehmlich virtuellen – Ladentisch reichte. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang sicherlich die Moonblood-LP „Taste Our German Steel“ (Nr. 41), die im März 2004 beim Online-Auktionshaus eBay für sagenhafte 935 (neun·hun·dert·fünf·und·dreis·sig) Euro den Besitzer wechselte – und dabei vermutlich noch die Spitze des sprichwörtlichen Eisberges darstellt. In einer Fülle von Interviews befleißigte Kanwulf sich zudem stets hervorzuheben, wie ausgesprochen „wichtig“ ihm diese Bands seien, wie „maßgeblich“ für seine Entwicklung, musikalisch wie persönlich.

Letzteres mag der Wahrheit entsprechen, doch aus gänzlich anderen Gründen als den implizierten. Denn tatsächlich lernte Kanwulf Moonblood frühestens 1998 überhaupt erst kennen. Einem einstigen Vertrauten, Marcel „Darkmoon“ Spaller (Sombre Records), gegenüber äußerte Kanwulf noch in demselben Jahre, Moonblood sei, Zitat, Scheiße. Lord Foul, Azhubham Haani und Root lernte Kanwulf, ebenfalls einigen seiner vormaligen Gefährten zufolge, erst 1999 kennen und coverte sie kurz darauf für sein Album „Black Metal ist Krieg“. Das mit dem ‚Strid-Winter‘ ist Müll, Kanwulf kannte Strid nicht mal. […] Root, Azubham Hani [sic!], Lord Foul und Moonblood kennt Kanwulf alle nur von mir, auch die Texte hat Kanwulf von mir und hat die Songs ein paar Wochen später für „Black Metal ist Krieg“ gecovert. Als er damals auf einer Geburtstagsfeier von Akhenaten war, hat er mir gegenüber noch gesagt, Moonblood sei Müll, als ich Akhenaten eine Moonblood-LP schenkte.

Marcel „Darkmoon“ Spaller in einem Brief vom 7. Januar 2006 Selbstverständlich vermochte all dies einen Kanwulf nicht daran zu hindern, durch Äußerungen wie den nachstehenden – wenngleich ganz zweifellos einzig im Bestreben, sein eigen Ego nach den Lügen um Dead, Vikernes/Burzum oder Darken/Graveland abermals an großen Namen wachsen zu lassen – den „legendären“ Status der genannten Bands vor all jenen zu kräftigen, die zu jener Zeit in kultischer Verehrung um ihn herumschwänzelten und jeder noch so beiläufigen Verlautbarung in Interviews den Status einer päpstlichen Bulle beimaßen. ‘Moonblood’ and old ‘Absurd’ are a part of my later youth and my Black Metal history. – Black-Alchemy-Magazin, 2004 Was damals entstand […], ist der Black Metal, dem ich zugewandt bin. Das sind […] das Demo von Lord Foul, ‚Killing, raping, burning‘ (Rest in peace!), […] auf jeden Fall A. Banhani [sic!] und einige Einzeltracks. – Moral I., etwa 2000 Azhubham Haani, das ist einer der tiefgründigsten und stärksten Vorreiter dieser Szene, das kennt doch heute keine Sau mehr! – Magacinum ab ovo, 1999 Sometimes I wore shirts of them (Anm.: Azhubham Haani, Lord Foul, Moonblood), and I mentioned them in some interviews. Many people were asking me to record them their songs. But I not do this [sic!], because they were my treasure. – Maelstrom-Magazin, 2003 Black Light Magazine: List some of the bands you admire. Kanwulf: Azhubham Haani, […] Moonblood, Absurd, Strid, Nargaroth. Obschon Kanwulf ohne Zweifel maßgebliche Schuld am jäh erwachten Interesse an gewissen Bands trägt, dank seiner zumindest die Eigentümer des einen oder anderen Plattenhauses – lebten sie nun in Mügeln oder anderenorts – selig gegrunzt und sich an hastig dahingeschluderten Wiederveröffentlichungen diverser „Kult“-Alben eine goldene Nase verdient haben dürften, so erfuhr doch keine von ihnen eine tatsächliche „Ehrung“ seitens Kanwulfs. Ganz im Gegenteil dienten ihm diese Bands – ganz gleich jenem Haufen, dem er sie zum Fraße vorwarf – allein zur Befriedigung seiner ganz persönlichen Geltungssucht, schüttete er Schmach und Schande nicht nur über die genannten Bands aus, sondern wiederum über den Kult als Ganzes.